Um Mitternacht f-Moll, WAB 89 (1864) |
Um Mitternacht f-Moll, WAB 89 (1864)
"Um Mitternacht, in ernster Stunde, tönt oft ein wundersamer Klang"
Vierstimmiger Männerchor mit Altsolo, Klavier
Autor des Textes: Robert Prutz
Erstdruck: Universal-Edition Wien (Victor Keldorfer, 1911)
NGA: XXIII/2, Nr. 17 (Pachovsky-Reinthaler, 2001)
Keldorfers Version ist recht zuverlässig; eine hörbare Abweichung sowohl von der NGA wie von den Kopien Schimatscheks aus 1864 liegt in T. 42: Während dort nach Keldorfer "doch ich versteh..." vertont ist, in Anlehnung an Text und Melodie der Chorpartie, lassen Pachovsky-Reintaler, wie der Kopist, das Wörtchen "doch" aus.
Bruckner verwendete den Text später noch einmal (vgl. WAB 90)
Van Zwol Bruckner-Biografie 724
Historischer Überblick über die Aufnahmen
Die früheste Aufnahme, deren Datum sich allerdings nur annäherend bestimmen lässt (vor 1955?), stammt von den Wiener Sängerknaben unter Kühlbacher. Leider ist sie sowohl aufnahmetechnisch wie interpretatorisch nicht gelungen. Nicht nur gibt es diverse Abweichungen von der Partitur, sondern auch überzeugen die schrillen Knabenstimmen, dort wo Bruckner einen vierstimmigen Männerchor verlangt, überhaupt nicht - der Kontrast zur Altstimme fehlt. Eine Aufnahme nur für die Fans des Chores.
Günther gebührt das Verdienst, in den 1970er Jahren diverse Schallplatten mit damals noch relativ unbekannten Chorwerken Anton Bruckners gemacht zu haben, nur war er dabei auf nicht professionelle Chöre und auf eine Aufnahmetechnik mit begrenzten Möglichkeiten angewiesen; seine Frau Ingrid Günther tritt öfters als Solo-Altistin auf - so auch hier. Der Chor singt kräftig, manchmal etwas vorsichtig. Die Solistin singt mit fester, kräftiger Stimme, "ernst", wie die Partitur verlangt, aber nicht "zart", und um Crescendi und Decrescendi kümmert sie sich wenig. Man bekommt zwar einen Eindruck von dem Lied, doch vermittelt die Interpretation wenig Atmphäre. Die Aufführung ist langsam, was bei diesem Werk aber überhaupt nicht stört.
Mancusis Aufnahme (1995) zeichnet sich durch einen schön disponierten, natürlichen Klang aus. Der Chor singt präzise, leicht, geschmeidig, beachtet die Vortragszeichen. Der Alt manifestiert sich deutlich, etwas theatralisch und mit Vibrato, aber "ernst, zart, hervortretend", wie die Partitur es verlangt. Eine relativ schnelle, schöne Aufnahme mit hoher Chorkultur.
Deutlich langsamer, ja mit 04'42 die langsamste Aufführung überhaupt, ist Meyer (2000). Sein Chor scheint etwas kleiner als der Mancusis zu sein; auf alle Fälle klingt er etwas weniger kompakt. Auch das Klavier spielt hier deutlich mit; die Interpreten bilden akustisch eine Einheit. Die Dynamik ist vorbildlich. Die Solistin hat eine warme, geschmeidige Stimme, mit Vibrato - aber nicht "zart" und, anders als bei Mancusi, ziemlich exponiert aufgenommen. Auffällig ist an dieser Interpretation, dass der Passus T. 30-34 deutlich als Höhepunkt des Liedes konzipiert ist; insgesamt wirkt die Interpretation noch etwas subtiler als die Mancusis.
Die Aufnahme unter Tyssen (2007) ist mit 03'01 - soweit bekannt - die mit Abstand schnellste. Der Chor singt hingebungsvoll, aber die Aufnahme klingt hallig und hohl, die Sängerin geht im akustischen Chaos unter. Eine Aufnahme nur für Freunde des Chores!
Kerbls Interpretation (2008) ist sehr direkt aufgenommen, wodurch alles fast aufdringlich laut klingt. In punkto Dynamik gibt es nur die Grundeinstellungen p und f, Zwischenstufen gibt es nicht, und dabei erklingt pp als p, mf und f als ff - höchstens das pp gegen Ende wird befolgt. Dass die Solistin zu exponiert erklingt, verwundert dabei nicht. Dennoch hat die Aufnahme unverkennbar Atmosphäre, ist nur nicht so subtil wie Mancusi und Meyer - und Schumacher.
Auch Schumacher (2011) vermittelt Atmosphäre, doch ist diese völlig anderer Art. Die Dynamik wird subtil umgesetzt und manchmal mittels leichter Crescendi noch "ergänzt". Dadurch wirkt die Aufführung bedächtig, von innen heraus. Dazu passt der natürliche Vortrag der Altistin, die - was bei den anderen Aufnahmen eher seltener der Fall ist - ein pp zu singen vermag. Von allen Aufnahmen überzeugt ihr Vortrag am meisten; sie und der Chor bilden eine Einheit, und der Chor singt auf dem gleichen Niveau wie bei Meyer.
(Dirigent unbekannt)
Schubertbund Essen
Aufnahmedatum: ca. 1960?
Ausgaben: LP: Polydor 249208
Bem.: Als Dirigent für die Periode 1960-1965 kämen in Frage Peter Jansen, Heinz Anraths oder Arnold Kempkens. Auf einer Amerika-Tournee 1965 sang Hildegard Rüttgers (Alt) die Solopartie, was die Vermutung nahelegt, dass die Aufnahme etwa in der gleichen Zeit entstand und dass es sich um WAB 89 handeln muss.
Ronit Eizenberg
Sigal Haviv (Mezzo-Sopran), Kolot Shluvim Women Ensemble, Rachel Cohen-Kirstein (Klavier)
Aufnahmedatum: 7/2014 (Tel Aviv, Felicja Blumental Music Center)
Fassung/Partitur: Bearb. für Frauenchor von Ronit Eizenberg
Aufführungsdauer: *04'08
Ausgaben: Video: YouTube
Bem.: Ohne Brummstimmen
Hubert Günther
Ingrid Günther (Alt), Männergesangverein Concordia Hamm, Willy Nölling (Klavier)
Aufnahmedatum: ca. 1976
Aufführungsdauer: *04'23
Ausgaben: LP: Garnet G 40 107 (Musik im Schloss)
Thomas Kerbl
Katrin Wundsam (Alt), Männerchorvereinigung Bruckner 08, Mariko Onishi (Klavier)
Aufnahmedatum: 27.9.2008 Live (Linz, Alter Dom, im Rahmen des Brucknerfests)
Aufführungsdauer: *03:51
Ausgaben: CD: Brucknerhaus Linz LIVA027 (Anton Bruckner Männerchöre), Gramola 98 869 (Anton Bruckner Männerchöre)
Paul-O. Krick
Angela Lösch (Alt), Bexbacher Schubert-Chor, Stephan Schlappe (Klavier)
Aufnahmedatum: 12/2004
Aufführungsdauer:
Ausgaben: CD: Ausgabe des Chores (Sternstunden der Romantik)
Robert Kühbacher
Siegfried Herrmann (Alt), Wiener Sängerknaben, Robert Kühbacher (Klavier)
Aufnahmedatum: Weber: 1955, eventuell auch früher
Aufführungsdauer: *04'11
Ausgaben: LP: Philips N 00726 R (Die Wiener Sängerknaben - The Vienna Boys' Choir), Philips G 05455 R, Philips FL 4503, Philips NBR 6024
Bem.: Die Wiener Sängerknaben sangen das Lied im Konzert unter Kühbacher u.a. am 14./17.6.1953. Das ursprüngliche Philips-Cover gibt die Namen der bei der LP als Solist mitwirkendenden Sänger der Wiener Sängerknaben. Dass Siegfried Herrmann den Solopart in Um Mitternacht gesungen hat, gilt laut Mitteilung von Frau Dr. Tina Breckwoldt (Wiener Sängerknaben) keineswegs als gesichert. Auch das Aufnahmedatum ist nicht bekannt. Die Aufnahme findet sich auch bei YouTube.
Viive Mäernets
Kirsi Lassi (Alt), Kalevam Laulajat, Matti Heroja (Klavier)
Aufnahmedatum: P 2003
Aufführungsdauer: 03'24
Ausgaben: CD: Ausgabe des Chores KLCD 70 (Kalevam Laulajien 70 - Vuotisjuhlakonsertti (1933-2003))
Guido Mancusi
Julia Bernheimer (Alt), Chorus Viennensis, Walter Lochmann (Klavier)
Aufnahmedatum: 6/1995
Fasqsung/Partitur: Vermutlich Keldorfer
Aufführungsdauer: *03'36
Ausgabe: CD: ORF CD 73 (Musik, du himmlisches Gebilde!)
Bem.: Laut Booklet hätte dieses Werk keine WAB-Nummer.
Xaver Meyer
Hella Wagner (Alt), Wiener Madrigalchor, Monika Morent (Klavier)
Aufnahmedatum: 19./21.5.2000
fassung/Partitur: Vermutlich Keldorfer
Aufführungsdauer: *04'42
Ausgaben: CD: Preiser Records 90417 (Österreichische Chormusik)
Jan Schumacher
Alison Browner (Mezzosopran), Camerata Musica Limburg, Andreas Frese, Klavier
Aufnahmedatum: 18./19.6 + 29./30.10.2011
Aufführungsdauer: *04'30
Ausgaben: CD: Genuin GEN 12224 (Serenade. Songs of night and love)
Paul Michèl Tijssen
Mariette Nolten (Alt), Amersfoorts Mannenkoor, Jan Vayne/Barbera Sinte Maartensdijk (Klavier)
Aufnahmedatum: 30.6.2007 Live (Jubiläumskonzert)
Aufführungsdauer: *03'01
Ausgaben: CD: Ausgabe des Chores (100 jaar Amersfoorts Mannenkoor)
Hubert Voigt
Thüringer Männerchor Ars Musica
Aufnahmedatum: 2012 Live (Suhl, Hauptkirche St. Marien)
Aufführungsdauer:
Ausgaben: CD: Ausgabe des Chores (Weltliches und Geistliches)
Bem.: Dieses Werk, oder WAB 90?